Dienstag, 31. Oktober 2017
Rückenschmerzen durch Arteriosklerose
Ein im deutschsprachigen Teil des Internets praktisch nicht vorhandenes (oder zumindest kaum auffindbares) Thema ist der Zusammenhang zwischen Arteriosklerose einerseits und Rückenschmerzen, inbesondere des unteren Rückens, andererseits.
Jahrzehntelang galt das Paradigma, dass sich die Bandscheiben, also die knorpelartigen Pufferelemente zwischen den Rückenwirbeln, bei den Menschen im Laufe ihres Lebens einfach immer weiter abnutzen. Man glaubte, dass man diesen Prozess durch rückenschonende Verhaltensweisen -- z.B. beim Heben schwerer Gegenstände oder bei sitzenden Tätigkeiten-- allenfalls verlangsamen könne. Ich selbst kann mich an eine Ergonomie-Schulung vor etwa 20 Jahren durch meinen damaligen Arbeitgeber erinnern, bei der es so dargestellt wurde.
Inzwischen ist man auch hier schlauer, doch wie gesagt findet man dazu kaum etwas auf deutsch, was darauf hindeutet, dass das neue Wissen selbst bei deutschen Orthopäden noch nicht allzu verbreitet ist.
Zahlreiche Studien belegen nämlich, dass die sogenannte Degeneration der Bandscheiben meistens eine Folge unzureichender Durchblutung der sie umgebenden Blutgefäße ist, die selbst wiederum die Folge fortschreitender Arteriosklerose ist. Dazu sollte man wissen, dass die knorpeligen Bandscheiben selbst nicht von Blutgefäßen durchzogen werden, sondern dass stattdessen Blutgefäße um die Bandscheiben herumführen. Die Nährstoffe, die von den Zellen dieses Knorpelgewebes benötigt werden, können sie nur durch Diffusion erreichen, also dadurch, dass diese aus dem umliegenden, durchbluteten Gewebe in die Knorpelzellen einwandern. Sind nun also die Rückenarterien in dem umliegenden Gewebe verengt und durch Ablagerungen verstopft, so können umso weniger Nährstoffe die Zellen der Bandscheiben erreichen und umso eher "verhungern" diese und bauen sich ab. Die Blutgefäße, welche die Bandscheiben umfließen, sind übrigens Abzweigungen der Bauchaorta, die selbst Teil der Aorta, also der zentralen und größten Schlagader des menschlichen Körpers ist.
Eine 25-Jahre-Nachfolgestudie zur Framingham Heart Study kommt zu der Schlussfolgerung, dass fortgeschrittene Arteriosklerose dieser Bauchaorta, die sich in Form von Kalzifikationen (Verkalkungen) der hinteren Wand zeigt, das Risiko für Bandscheibendegenerationen erhöht und mit dem Auftreten von Rückenschmerzen assoziiert ist. (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9253101)
Eine Studie von Leena Kauppila aus dem Jahr 2004 untersuchte die Bauchaorten und die Cholesterinwerte von 51 Patientinnen und Patienten, die seit langem unter nicht-spezifischen Schmerzen des unteren Rückens litten. (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15454707) Über drei Viertel von ihnen wiesen Verengungen der Arterien auf, die den unteren Rücken mit Blut versorgen. Bei Autopsiematerial von Menschen entsprechenden Alters fanden sich hingegen nur bei etwa 30 Prozent solche Verengungen, wobei ja nicht einmal gesagt ist, ob und wie viele der Körperspenderinnen und -spender zu Lebzeiten beschwerdefrei gewesen sein mögen. Die Degeneration der Bandscheiben war auch hier mit dem Verschluss der rückenversorgenden Arterien assoziiert. Während Patientinnen und Patienten mit verengten Arterien oder signifikanter Bandscheibendegeneration keine schlimmeren Beschwerden beklagten die als anderen, klagten doch solche mit erhöhten LDL-Cholesterinwerten häufiger über schwere Schmerzen.
Und schon im Jahr 1999 kam eine andere Studie aus Finnland zu der Schlussfolgerung, dass eine signifikante Assoziation zwischen Plaques an den Wänden der Bauchaorta und Schmerzen des unteren Rückens besteht, wobei diese Plaques bereits als Vorstufe der oben erwähnten Kalzifikationen auftreten. (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10543002)
Eine eindrucksvolle Präsentation von Leena Kauppila mit erschreckenden Bildern von verfetteteten und entzündeten Baucharterien findet man (auf English) hier: http://pcrm.org/sites/default/files/pdfs/Leena-Kauppila.pdf
Was sind nun die praktischen Schlussfolgerungen? Nun, wer die Arbeit von Dr. Esselstyn oder meine Berichte darüber auf diesem Blog kennt, weiß bereits, dass Arteriosklerose eine Folge falscher, nämlich tierproduktelastiger und fettreicher Ernährung ist und mit einer vollwertig pflanzlichen Ernährung ohne extrahierte Pflanzenfette vollkommen vermeidbar ist. (http://dresselstyn.com/JFP_06307_Article1.pdf)
Dies spricht dafür, dass diese Ernährung in vielen Fällen nicht nur das Risiko für Herzinfarkte und ischämische Schlaganfälle auf praktisch Null senken kann, sondern auch viele Menschen mit chronischen Schmerzen des unteren Rückens von dieser Ernährung profitieren könnten und viele andere vor solchen Schmerzen für die Zukunft schützen könnte.
Natürlich ist die gegenwärtige westliche Ernährung ebenso wie die entgegen aller Wissenschaft populäre Low-Carb-Ernährung ungefähr das Gegenteil einer vollwertig pflanzlichen und fettarmen Ernährung. Sie ist reich an Tierprodukten, entsprechend reich an gesättigten Fetten und wird überdies oft noch um extrahierte Pflanzenfette zum Beispiel in Form von Frittierfett "bereichert". Da wundert es nicht, das bereits zehn Prozent der Zwanzigjährigen fortgeschrittene Blockaden der Rückenarterien aufweisen. (http://www.ejves.com/article/S1078-5884%2809%2900090-2/fulltext)
Eine proteinreiche Low-Carb-Ernährung erhöht nachweislich Arterienablagerungen um 40 bis 50 Prozent, und dies gegenüber der ohnehin schon nicht arterienfreundlichen westlichen Standardernährung. (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11108325)
Also: Auch Rückenschmerzen können ein Wecksignal des Körpers sein, statt auf Tierprodukte auf vollwertige pflanzliche Nahrungsmittel zu setzen! (Und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind es fast immer.)
Quellen:
http://www.practicalpainmanagement.com/meeting-summary/link-between-atherosclerosis-degenerative-disc-disease
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19328027
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10543002
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9253101
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15454707
http://robertbeckmd.com/Degenerative_Disc_Disease_and_Atherosclerosis.html
http://www.ejves.com/article/S1078-5884%2809%2900090-2/fulltext
http://dresselstyn.com/JFP_06307_Article1.pdf
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11108325
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