Mittwoch, 31. Mai 2017

Rezension: "Krebszellen mögen keine Himbeeren"

Buchcover: Krebszellen mögen keine Himbeeren
Jetzt sind seit meinem letzten Blog-Beitrag doch schon wieder über zwei Monate vergangen - soviel zu den guten Vorsätzen. Immerhin habe ich die Zeit außer für einen Irland-Urlaub und noch vieles andere auch dazu genutzt, dass Buch "Krebszellen mögen keine Himbeeren" der französischen Onkologen Richard Béliveau und Denis Gingras zu lesen. Und dies obwohl es vordergründig erst einmal gar nichts mit Veganismus oder veganer Ernährung zu tun hat: beim Durchblättern kann man auch auf eine Abbildung von verzehrfertigem toten Fisch stoßen.

Dennoch ist das Buch auch für Veganerinnen und Veganer absolut empfehlenswert, zumal der Fisch hier nur exemplarisch als ein Lebensmittel mit Omega-3-Fettsäuren angeführt wird, aber die pflanzlichen Lieferanten wie Leinsamen und Walnüsse ebenso erwähnt werden.

Interessant war die Lektüre für mich auch durch den Vergleich mit Dr. Michael Gregers Buch "How Not to Die": Wie stark würden sich die Inhalte decken? Die Antwort: Sie decken sich erstaunlich stark. In beiden Büchern werden oft die selben Studien zitiert. So wird auch in "Krebszellen mögen keine Himbeeren" die besondere Rolle von Kreuzblütlergemüse in der Vorbeugung gegen Krebs dargestellt und dabei ebenso die besondere Rolle des Sulforaphan herausgestrichen. Ein klares Indiz, dass die Autoren in beiden Fällen nicht im Auftrag einer dunklen Gemüselobby unterwegs sind (die es -leider- sowieso nicht gibt), sondern schlicht und einfach den aktuellen Forschungsstand darlegen.

Doch von Anfang an: Bei "Krebszellen mögen keine Himbeeren" geht es, wie der Titel schon andeutet, vor allem um Krebs und Krebsprävention. Das Buch gliedert sich in drei Teile. Schon der erste Teil bietet einige für medizinische Laien überraschende Einsichten. In ihm wird nämlich dargelegt, was Krebs ist, warum und wie er entsteht und welche Rolle die Ernährung dabei spielen kann, seine Entstehung zu verhindern. Die Autoren erklären die Entstehung von Krebszellen sozusagen als einen Rückfall einzelner Zellen in den "Einzellermodus", in dem sie nicht mehr mit den anderen Körperzellen kooperieren und wieder nur ihre eigene Vermehrung betreiben. Dazu schalten sie unter anderem ihr "Selbstmordprogramm" ab und reagieren nicht mehr auf entsprechende Signale anderer Körperzellen. Und sie koppeln sich zur Nährstoffversorgung mittels "Angiogenese" an den körpereigenen Blutkreislauf an.

Ebenfalls erwähnenswert und sicher nicht im allgemeinen Bewusstsein verankert ist die Tatsache, dass jeder Mensch zu jeder Zeit immer solche amoklaufenden Zellen in seinem Körper hat. Wahrscheinlich tragen sogar alle Menschen ab einem bestimmten Alter auch immer ein paar Mikrotumoren in ihrem Körper, weshalb Béliveau und Gingras den Krebs auch als chronische Krankheit einstufen.

Schließlich stellen die Autoren heraus, welche große Rolle Lebensstilfaktoren dafür spielen, ob sich aus ein paar Krebszellen oder Mikrotumoren schließlich eine akute und lebensbedrohende Krebserkrankung entwickeln kann. Natürlich ist das Rauchen ein solcher Lebensstilfaktor, der das persönliche Krebsrisiko entscheidend beeinflusst. Ebenso wichtig ist aber die Ernährung, denn viele Lebensmittel enthalten Stoffe, die in den verschiedensten Stadien der Krebsentstehung dazwischen funken und so das Fortschreiten entscheidend behindern können. Viele dieser Stoffe sind aber nur in bestimmten Lebensmitteln oder Lebensmittelgruppen enthalten, so dass man sich selbst entscheidender Schutzmaßnahmen beraubt, wenn man solche Lebensmittel wie Kreuzblütlergemüse (also vor allem Kohl und Rettich), Knoblauch oder Beeren zu selten auf seinem Speiseplan hat.

Sowohl zur Vorbeugung als auch bei einer fortgeschrittenen Krebserkrankung empfiehlt sich also der regelmäßige Konsum dieser Lebensmittel. Die Autoren sind jedoch ernstzunehmende Onkologen, keine Quacksalber, weshalb sie die sogenannte Nutratherapie als Ergänzung zu den konventionellen Therapien wie Chemotherapie und Bestrahlung vorschlagen, nicht als ihren Ersatz.

Im zweiten Teil des Buches stellen die Autoren dann in den einzelnen Kapiteln die einzelnen Lebensmittel und Lebensmittelgruppen vor, für die eine Verminderung der Risikos einer Krebserkrankung oder eines Rückfalls entweder schon in Studien sicher belegt ist, oder für die erste Ergebnisse eine solche Wirkung vermuten lassen. Was die Veganerinnen und Veganer unter uns nicht überraschen wird: Bis auf die erwähnte Gruppe der Omega-3-Lieferanten, die sowohl tierische als auch pflanzliche Lebensmittel umfasst, sind alle anderen Lebensmittel pflanzlicher Natur: Kohl, Knoblauch und Zwiebeln, Soja, Kurkuma, grüner Tee, Beeren, Tomaten, Zitrusfrüchte, Rotwein und Kakao. Das etwas aus der Reihe fallende Kapitel zu Omega-3-Fettsäuren nennt übrigens auch gesättigte tierische Fette, Transfette und Mais- und Sonnenblumenöle mit ihrem zu großen Gehalt an Omega-6-Fettsäuren als Problem. Zwar raten sie nicht wie Dr. Esselstyn zum Ölverzicht und empfehlen statt Sonnenblumen- und Maisölen Oliven- und Rapsöle. Aber sie nennen auch Samen und Nüsse, nämlich geschrotete Leinsamen und Walnüsse, als brauchbare Lieferanten der essentiellen Omega-3-Fettsäuren. Das Schöne ist also: Die Verminderung des eigenen Krebsrisikos nach Bélivau und Gingras ist somit absolut vereinbar mit dem Ausschluss eines ischämischen Herzinfarktes nach Dr. Esselstyn.

Im dritten Teil stellen die Autoren dann noch einmal klar, dass keine Pillen und Nahrungsmittelergänzungen die genannten natürlichen Lebensmittel ersetzen können, denn diese liefern ein abgestimmtes Gesamtpaket, dass eine viel stärkere und bessere Wirkung erzielt als irgendwelche isolierten Extrakte der Supplement-Industrie. Die können im Gegenteil sogar oft noch schaden, wie man am Beispiel von isoliertem Vitamin E bei Lungenkrebspatienten schon festgestellt hat.

Auch wenn die Autoren nicht so weit gehen, eine vegane Ernährung zu empfehlen, was ihr Buch in Frankreich wohl zu einem sicheren Ladenhüter gemacht hätte, kann man doch zwischen den Zeilen lesen, dass letztlich jeder Konsum tierischer Lebensmittel eine verpasste Chance ist, stattdessen hunderte und tausende überwiegend noch unbekannter krebshemmender Substanzen aufzunehmen, wie sie eben nur in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten sind.

Fazit: Absolute Empfehlung. Das Buch sollte jeder an Ernährung und Gesundheit interessierte Mensch gelesen haben.