Donnerstag, 31. Oktober 2013

Gedanken zu veganem Mett

Ich war in den letzten beiden Monaten sehr in familiäre Angelegenheiten eingespannt, so dass ich entsprechend weniger Beiträge gepostet habe. Damit im Monat Oktober wenigstens ein Beitrag erscheint, möchte ich über die Reaktionen meiner Kollegen auf veganes Mett berichten, das ich Anfang der Woche zusammen mit Brötchen ins Büro mitgenommen und dort zum Verzehr bereitgehalten habe.

Die Zubereitung von veganem Mett ist erstaunlich einfach und kann z.B. in diesem Video angesehen werden. Im Grunde muss man nur 50 Gramm Vollkorn-Reiswaffeln zerbröseln und mit einem Sud aus 200 Milliliter Wasser, 50 Gramm Tomatenmark, einem Teelöffel Salz und einer guten Portion Pfeffer vermischen und dann noch nach Belieben gehackte Zwiebeln untermengen. Das Rezept ist damit nicht nur vegan, es ist sogar vollwertig und ölfrei und passt damit auch auf meinen Speiseplan.

Das Ergebnis sieht Zwiebelmett aus Tierleichen so täuschend ähnlich, dass Menschen, die auch sonst kein Mett mögen, sich im Normalfall nicht überwinden können es zu essen. In diesem Punkt waren sich meine Kollegen auch allesamt einig. Was den Geschmack betrifft, wurde er von allen, die probiert haben, mit gut bis sehr gut beurteilt, jedoch gingen die Meinungen darüber auseinander, wie nah er dem vom "Original" komme. Das Spektrum reichte von "nicht wirklich ähnlich" bis "auch darin eine perfekte Täuschung". Denen, die keine geschmackliche Ähnlichkeit konstatierten, gebe ich aber zu bedenken, dass rohes Hackfleisch auch praktisch nie ungewürzt konsumiert wird, was auf einen wenig ausgeprägten Eigengeschmack schließen lässt, so dass bei Mett sicher auch immer zum Tragen kommt, welche Art der Würzung jemand gewohnt ist.

Ein Kollege brachte dann gegen dieses vegane Mett den Einwand, dass man als Vegetarier bzw. Veganer doch nicht versuchen solle, Produkte aus bzw. von Tieren nachzuahmen. Dieser Einwand wird auch oft von Veganerinnen und Vegetarierinnen selbst gegen vegane "Fake"-Produkte erhoben. Bei ihnen steckt wohl der Gedanke dahinter, dass diese "Fake"-Produkte durch ihre Ähnlichkeit zu Produkten aus oder vom Tier den Tierverbrauch indirekt doch irgendwie legitimieren. (Vergleichbar der Vorstellung, dass die Betrachtung von Gewalt im Fernsehen zu einer Legitimierung oder einem Anstieg von Gewalt im wirklichen Leben führe.) Bei Tierverbrauchern hingegen vermute ich hinter diesem Einwand eher die Einstellung, dass Veganer gefälligst möglichst großen Verzicht zu leisten hätten, denn es kann und darf ja nicht sein, dass Veganerinnen ebenso viel Freude am Essen haben wie sie selbst.

Ich kann den Einwand nicht nachvollziehen. Irgendwo habe ich einmal gelesen, dass man als vegan lebender Mensch mit Produkten aus oder von Tieren ja kein ästhetisches, sondern ein ethisches Problem habe. Das finde ich sehr schön formuliert und es bringt die Sache auf den Punkt: Das Problem an Fleisch, Milch und Eiern ist nicht, dass sie wie Fleisch, Milch und Eier aussehen, schmecken oder riechen, das Problem ist, dass für ihre Herstellung mit Bewusstsein ausgestattete, fühlende Wesen gequält und getötet werden, sowie dass dafür begrenzte natürliche Ressourcen vergeudet werden. Wenn es Fleisch, Milch und Eier gäbe, bei denen das nicht der Fall wäre, gäbe es aus ethischer Sicht kein Problem mit ihrem Verzehr. (Vielleicht noch, dass auch solche Produkte möglicherweise nicht gesundheitsförderlich wären, und dass es ethisch auch bedenklich sein könnte, dem eigenen Körper Schaden zuzufügen.)

Sicher: Manche dieser Dinge würde ich seit meinem Umstieg auf eine vollwertige, ölfreie vegane Ernährung heute wirklich nicht mehr essen wollen, schlicht weil ich sie mir abgewöhnt habe. Der Geruch von Kuhmilch ist für mich heutzutage unangenehm (ich meine einen Geruch von Kuhstall wahrnehmen zu können) und auf den Geruch von überbackenenem Käse reagiert mein Körper inzwischen mit einem Anflug von flauer Übelkeit. Ich gebe aber zu, dass gebratene Hähnchen für mich immer noch appetitlich duften. Ich esse sie nicht mehr, weil mir ein lebendiges Huhn oder Hähnchen in seiner ganzen Einmaligkeit allemal lieber ist als seine noch so gut duftende Leiche. (Zumindest solange ich auch ohne eine solche satt werden kann.) Wenn es aber etwas gäbe, dass wie gebratenes Hähnchen aussähe, duftete und schmeckte, ohne dass dafür ein fühlendes Wesen leiden müsste oder natürliche Ressourcen zerstört würden und dass darüber hinaus meinem Körper keinen Schaden z.B. durch die Beförderung von Arteriosklerose zufügte,  so würde ich mit Freuden hinein beißen.

Was also gebratenes Hähnchen angeht, so ist mir kein Lebensmittel bekannt, welches die genannten Kriterien erfüllt. Beim Zwiebelmett ist das jedoch anders (s.o.) und da es mit der geschilderten Rezeptur einfach gut schmeckt und dann unvermeidlicherweise eben so aussieht wie es aussieht, werde ich auch in Zukunft sicher noch öfter veganes Mett zubereiten und es anderen und mir selbst kredenzen.