Sonntag, 24. Januar 2016

Trauer um einen unnötig verstorbenen Kollegen

Ich trauere um meinen besonders netten Kollegen Volker, der diese Woche mitten während der Arbeit zusammenbrach und dort noch notärztlich versorgt wurde. Ich war gerade auf dem Weg in das Gebäude, in welchem er sein Büro hatte, als  er im Schnellschritt von Sanitätern auf einer Krankenliege durch den Hauptgang an mir vorbei zum draußen stehenden Rettungswagen gerollt wurde, aschfahl und offenbar schon bewusstlos. Ich hoffte noch inständig, dass man ihm würde helfen können. Leider kam dann am nächsten Tag die Rundmail der Geschäftsleitung, die die bösesten Vorahnungen zu einer traurigen Gewissheit machte: Er war noch am selben Tag verstorben.

Man konnte mit Volker immer ein paar freundliche Worte austauschen, ob man ihn nun an der Straßenbahnhaltestelle traf oder in der Kantine. Wenn man ein Problem hatte, welches in sein Fachgebiet fiel, hat er einem die Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt und erläutert. Er war der Typ Mensch, von dem man sich nicht vorstellen konnte, dass er irgendwem etwas Böses wollte. Er strahlte immer Ruhe und Besonnenheit aus. Volker war erst 57 Jahre alt und wurde von einem Moment auf den anderen mitten aus seinem Leben gerissen. Meine Gedanken gelten auch seinen Angehörigen, die völlig unerwartet einen unsäglichen Verlust ertragen müssen.

Die Todesursache war vermutlich ein Herzinfarkt und wahrscheinlich hat der Arzt es auch so auf dem Totenschein eingetragen. Da ja kein Hinweis auf eine unnatürliche Todesursache vorliegt (weil ein Herzinfarkt ja als "natürlich" gilt), wird Volkers sterbliche Hülle sicher nicht obduziert werden, so dass man es nie mit letzter Sicherheit erfahren wird.

Leser meines Blogs oder der Bücher von Dr. Esselstyn oder Dr. McDougall wissen ja, dass ein Herzinfarkt eine vermeidbare Wohlstandskrankheit ist. Volker wusste es wohl nicht. Wahrscheinlich ahnte er auch gar nicht, dass er in akuter Lebensgefahr war, denn man hat ja immer die Vorstellung, dass wenn es einen mal erwischen sollte, man das ja sicher überleben würde und sich dann immer noch Gedanken über eine gesündere Lebensweise machen könnte. Hätte er es aber geahnt und hätte er auch die Information gehabt, dass ein bloßer Verzicht auf Tierprodukte und extrahierte Fette diese Gefahr hätte ausschließen können, so bin ich sicher, dass er diese Möglichkeit genutzt hätte.

Leider wird die Öffentlichkeit weiter nicht über diese Möglichkeit informiert und stattdessen werden weiter Halbwahrheiten verbreitet, die die Menschen davon abhalten, sie für sich zu nutzen. So lief erst am Freitag auf 3sat eine Sendung mit dem Titel "Die Wahrheit über Fette", in der alles Mögliche gesagt und gezeigt wurde, aber eben nicht die entscheidende Wahrheit, dass die Fette in vollwertiger pflanzlicher Nahrung einschließlich ein paar Nüssen und geschroteten Leinsamen dem Körper einerseits vollkommen ausreichen und andererseits im Gegensatz zu tierischen und extrahierten pflanzlichen Fetten nicht zu einer Enstehung oder einem Fortschreiten von Arteriosklerose beitragen.

Ich habe es mir nicht angetan, die ganze Sendung anzusehen, da ich die Machart und den üblichen Tenor schon kenne. (Mediterrane Kost besser als sogenannte "fettarme" Ernähung mit 30 Prozent Fett, bla, kalt gepresstes Olivenöl, bla bla. Fettarmes Essen schmeckt nicht, bla, und verleitet zum Konsum von zuviel Kohlehydraten, bla bla, Blutzuckerschwankungen, Heißhunger, Übergewicht, bla bla bla. Seltsam, dass nie erwähnt wird, dass z.B. ein Stück Fleisch eine viel höhere Insulinantwort des Körpers produziert als eine noch so große Portion Nudeln. Selbst wenn also Insulin und seine Schwankungen böse wären -was sie natürlich nicht sind, denn es ist genau das Insulin, welches Blutzucker und Appetit reguliert- müssten diese Experten vom Konsum von Tierprodukten abraten.)

Aber natürlich wurde auch wieder die eine Halbwahrheit verbreitet, die auf eine ganze Lüge hinausläuft: Sinngemäß wurde wieder gesagt, dass ein Drittel aller Herzinfarktpatienten schlank sei und niedrige Cholesterinwerte habe. Daraus soll der geneigte Zuschauer natürlich schließen, dass eine Senkung des Cholesterinspiegels einen nicht vor einem Herzinfarkt schützen könne.

Nur: Die Aussage ist genauso sinnvoll wie die Aussage "Die Hälfte aller Autounfälle mit Toten geschieht bei niedrigen Geschwindigkeiten." Die Aussage ist sogar in jedem Fall wahr: Ich muss nur alle Autounfälle mit Toten hernehmen und prüfen, bei welchen Geschwindigkeiten sie sich ereigneten. Sagen wir, die Bandbreite läge zwischen 28 und 317 Stundenkilometern. Nun sortiere ich die tödlichen Autounfälle aufsteigend nach der Geschwindigkeit, bei der sie sich ereigneten, und zähle die Hälfte der so sortierten Reihe ab. Ich lande bei einem Autounfall, der sich bei einer Geschwindigkeit von z.B. 147 Stundenkilometern ereignete. Nun sage ich einfach, dass eine Geschwindigkeit von unter 150 Stundenkilometer niedrig sei. Schon kann ich sogar sagen, dass sich über die Hälfte aller Autounfälle mit Todesfolge bei "niedrigen" Geschwindigkeiten ereignet. Damit habe ich ein prima Argument, dass Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht gegen Verkehrstote helfen.

Die Aussage, dass ein Drittel aller Herzinfarktpatienten niedrige Cholesterinwerte habe, fällt in die gleiche Kategorie, denn bei uns werden Gesamtcholesterinwerte von unter 200 mg/dl völlig willkürlich als niedrig deklariert. Ernährt man sich hingegen vollwertig pflanzlich und ohne extrahierte Fette, so bekommt man einen Wert von unter 150 mg/dl. Das ist dann tatsächlich so niedrig, dass man vor einem Herzinfarkt geschützt ist, wie Dr. Esselstyn in seinen Studien bewiesen hat.

Diese Studien wurden natürlich in der Sendung wieder nicht erwähnt, obwohl sie so revolutionär sind, dass Dr. Esselstyn dafür den Nobelpreis für Medizin verdient hätte. Es bleibt die Hoffnung, dass sich die dadurch gewonnenen Erkenntnisse auch ohne unsere Medien durch Mund-zu-Mund-Propaganda verbreiten, zumindest bei denen, die tatsächlich schon von kardiovaskulären Erkrankungen betroffen sind und diese bisher überlebt haben. Rollenvorbilder wie das von Bill Clinton könnten dabei helfen und auch ich hoffe, mit meinem Blog dazu einen bescheidenen Beitrag leisten zu können.

2 Kommentare:

  1. Hallo Hauke, mein Beileid für deinen Kollegen. Ich stimme dir natürlich bzgl. Essgewohnheiten usw. zu, was mich aber darüber hinaus noch interessiert, ist: Als was arbeitest du? Der Text ließ einen Büroalltag durchschimmern und da wollte ich mal nachfragen, wie du das mit der Ernährung im Büro handelst (vorkochen, Kantine, ...) und wie du allgemein körperlich damit klar kommst (die meisten Bürojobs sind ja in sich auch sehr eintönig und 8 Std zu sitzen, finde ich persönlich schrecklich). Alles Liebe, Sabine

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  2. Hallo Binch,

    ja, Bürojob stimmt, ich arbeite als IT-Spezialist bei der IT-Tochter einer Versicherung. Zum Jahresanfang bin ich nach 9 Jahren einer eher koordinierenden Aufgabe wieder in die Anwendungsentwicklung gewechselt, die mir von allen bisher ausgeübten Tätigkeiten immer am meisten gelegen hat.

    Unsere Kantine bietet zwar inzwischen im Schnitt zweimal pro Woche ein veganes Gericht an (der Veganismus macht also sichtbar weiter Fortschritte), jedoch enthalten diese veganen Gerichte praktisch immer Öl und scheiden damit für mich aus. Also bringe ich mir in der Tat immer etwas für die Mittagspause mit: Entweder ein an den Tagen zuvor gekochtes Gericht wie z.B. Eintöpfe oder Gemüsereis oder aber luxuriöse Vollkornstullen mit Hummus, Tomatensalsa und irgendeinem Blattgemüse wie Weißkohl, Blattsalat oder Rucola. Mit einem am Arbeitsplatz vorhandenen Mikrowellengerät kann ich mir die Gerichte aufwärmen.

    Das Sitzende meiner Tätigkeit bereitet mir glücklicherweise kaum Probleme. Gerade wenn ich mich an einem Problem fest beiße und in so etwas wie einen "Flow" komme, merke ich gar nicht, wie lange ich schon vor dem Bildschirm sitze. Aber ich gebe Dir Recht, dass sitzende Tätigkeiten eines körperlichen Ausgleichs bedürfen, wobei das meines Erachtens nach nicht besonders viel oder besonders intensiv sein muss. (Schau Dir die mit uns recht nah verwandten Gorillas an: Die jagen ein paar mal am Tag hintereinander her und sitzen oder liegen ansonsten auch am liebsten einfach herum.) Ich belege bei uns immer ein bis zwei Präventionskurse (Yoga und noch etwas anderes), die einmal pro Woche stattfinden und 30 - 60 Minuten dauern. Außerdem nutze ich jede gute Gelegenheit, die 14 Kilometer bis zur Arbeit mit dem Fahrrad zu fahren. (Anderenfalls sprinte ich den halben Kilometer zur S-Bahnhaltestelle.) Rolltreppen und Aufzüge vermeide ich, wenn eine Treppe genauso gut zum Ziel führt.

    Vielleicht könnte ich sogar noch etwas mehr tun. Aber das ist ja auch eine Zeitfrage und ich fühle mich mit dem beschriebenen Bewegungspensum recht wohl.

    Viele Grüße
    Hauke

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